... den Militärs ein Feind
von Kurt Wolfgang Ringel
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
nicht aus religiösen Gründen möchte ich an einen Mann erinnern, an einen Erzbischof. Vor 30 Jahren, am 24. März 1980, wurde der salvadorianische Erzbischof Oscar Arnulfo Romero ermordet. Was macht einen solchen Menschen für uns Atheisten trotzdem interessant?
„Ermordet wurde der Vorsitzende der salvadorianischen Bischofskonferenz, weil er Rechtlosigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung in seinen Predigten beim Namen nannte. Weil seine leidenschaftliche Parteinahme für die Armen zum Stachel im Fleisch der Mächtigen wurde. Am Ende wollten sie ihn nicht mehr länger hinnehmen, fassten den Plan zum Attentat, sandten den Mörder.“ [1]
Zugegeben, so leicht ist es in Deutschland nicht mehr, Menschen mit anderer Meinung auf solche Art und Weise zu beseitigen. Aber mundtot zu machen, das versuchen die reaktionären Kreise des heutigen kirchlich-militärisch-industriellen Komplexes mit nicht ganz so groben Methoden. Besonders in Deutschland wird versucht, die persönlichen Freiheiten drastisch einzuschränken. Erinnern wir uns nur, an die Beschneidung des Rechtes auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit. Sie ist den Herrschen den schon längst ein Dorn im Auge. Erinnert sei hier, dass Teilnehmer an der Demonstration gegen Rechts in Dresden Geldstrafen zahlen sollen. - Und die Ziele, für die Oscar Romero kämpfte; sie sind auch unsere Ziele. In diesem Sinne sind wir Verwandte im Kampf gegen den kirchlich-industriell-militärischen Komplex des Turbokapitalismus. Dabei gibt der Bischof uns selbst ein Beispiel, indem er menschliches vor jede Religion, vor jede Gesinnung stellt. Hier klingt der Grundsatz „Im Mittelpunkt steht der Mensch“ an; auch wenn dieser Grundsatz bei ihm religiös verbrämt ist.
Der Erzbischof appellierte an das Gewissen der Soldaten: »Kein Soldat ist gezwungen, einem Befehl zu folgen, der dem göttlichen Gesetz widerspricht. Niemand muss ein unmoralisches Gesetz erfüllen. Es ist an der Zeit, dass ihr eurem Gewissen folgt und nicht sündigen Befehlen! « Ersetzen wir göttlich und sündig durch menschlich, dann ergibt sich auch der von uns vertretbare Inhalt/Sinn. Klar und eindeutig bezieht Oscar Romero Stellung gegen das Militär insgesamt. Seine Kirche sollte ihn hier als Vorbild nehmen. Sie sollte die Militärseelsorge abschaffen und gegen jede Art von Krieg und Gewalt auftreten. Ein Beispiel ist die evangelische Bischöfin Margot Käßmann, die den Krieg in Afghanistan kritisierte und dafür durch eine Intrige geschasst worden. Auftraggeber waren konservative Kräfte.
Oscar Romero sollte uns auch ein Vorbild sein im Kampf gegen die massiv zunehmende Militarisierung der BRD. Besonders der verlogenen Werbung unter den Jugendlichen für die Bundeswehr müssen wir verstärkt entgegentreten. Wichtig ist hier klar zu stellen, wohin eine solche Beeinflussung durch militaristische und militaristische Kreise führen kann und auch geführt hat, in Kriege und in das Verderben der Völker! Mit allen Mitteln müssen wir den Missbrauch der Völker und besonders der Jungend für die Interessen von Banken, Staat und Wirtschaft verhindern. Das Ziel des DFV und aller Linken heißt Frieden, nicht Krieg!
»Märtyrer wie Oscar Romero rücken die Opfer der herrschenden Gesellschaftsordnung in den Blick«, sagt Norbert Arntz. »Götzen wie der Markt, die Macht und das Kapital rechtfertigen Menschenopfer und suchen sie unsichtbar zu machen. Die Märtyrer dagegen decken durch ihr Leben und Sterben die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Mechanismen auf, die auch heute noch Menschenopfer verlangen oder rechtfertigen.« [2]
Das Verhalten von Oscar Arnulfo Romero ist Kritik an einer Kirche, die gegen das handelt, was doch Inhalt der Religion sein sollte: die Menschlichkeit: »Man darf gespannt sein, welcher Romero schließlich seliggesprochen wird«, kommentiert Norbert Arntz das Verfahren. »Man hat ihn ja nicht umgebracht, weil er fromm gebetet, theologisch korrekt gepredigt und - sich den Armen fürsorglich zugewendet hat, sondern weil er der Prophet einer realistischen Kirche war. Einer Kirche, die sich nicht mehr als Machtinstrument missbrauchen lässt, nicht mehr als Schachfigur im Spiel der Mächtigen fungiert, sondern Fleisch und Blut annimmt im Interesse der Armen.« [3]
Es sind Menschen, auch Menschen wie Oscar Arnulfo Romero, die uns herausfordern, menschlich zu handeln und unsere Kräfte für die Menschheit einzusetzen. Und dies lernen wir auch von Menschen, die unsere Kulturauffassung nicht vertreten. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich an den christlich-marxistischen Dialog unseres verstorbenen Verbandsfreundes Hans Lutter erinnern.
Überprüfen wir uns selbst, wie weit wir uns an den hohen Idealen messen lassen können, weder Schachfigur zu sein, noch uns vom realexistierenden Turbokapitalismus missbrauchen zu lassen.
QUELLEN:
[1] Dem Volk ein Heiliger, den Militärs ein Feind, Andre Hagel in: Neues Deutschland vom 27./28. März 2010
[2] Ebenda
[3] Ebenda |